Montag, 6. Oktober 2014

SETTE ORCHIDEE MACCHIATE DI ROSSO (1972)














DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS

Deutschland, Italien 1972
Regie: Umberto Lenzi
DarstellerInnen: Antonio Sabàto, Uschi Glas, Pier Paolo Capponi, Rosella Falk, Marina Malfatti, Bruno Corrazzari, Nello Pazzafini, Marisa Mell u.a.


Inhalt:
Ein psychopathischer Frauenmörder geht um in Rom. Als Souvenir hinterlässt er in der Hand seiner Opfer einen silbernen Halbmond, auf dem eigenartige Symbole eingraviert sind.
Die junge Giulia wird auf ihrer Hochzeitsreise in einem Nachtzug attackiert und entkommt dem Killer nur knapp. Freunden und den Medien gaukelt die Polizei ihren Tod vor, um sie zu schützen. Ihr Mann, der Designer Mario, will sich mit den in seinen Augen wenig kompetenten Ermittlungen der Polizei nicht zufrieden geben und versucht auf eigene Faust die Identität des Killers herauszufinden...


Der Kommissar (Capponi, links) und Designer Mario


Marisa Mell (leider nur eine kleine Rolle)


"Das Rätsel des silbernen Halbmonds" erfreut sich offenbar im deutschsprachigen Raum keiner allzu großen Beliebtheit.
Die Edgar Wallace Fans können mit der italienischen Machart nicht so viel anfangen und die eingefleischten Giallo Fans kritisieren die ihrer Meinung nach allzu brave Uschi Glas in der Hauptrolle und fragen sich, warum nicht anstatt der deutschen Mimin eine der allseits bekannten und beliebten Giallo-Darstellerinnen wie beispielsweise Edwige Fenech (Der Killer von Wien) engagiert wurde.
Ich gehe davon aus, dass Uschi Glas wohl nicht Umberto Lenzis erste Wahl für die Rolle der Giulia gewesen ist.
Immerhin ist deutsches Geld in die Produktion geflossen und in diesem Zusammenhang taucht der Name Horst Wendlandt auf. Ebendieser Herr Wendlandt war zufälligerweise auch derjenige, der Frau Glas die allererste Rolle in einem Film (nämlich "Der unheimliche Mönch") verschaffte.
Deshalb halte ich die Besetzung für naheliegend, Genaues weiß man aber (offiziell) natürlich nicht.

"Das Rätsel des silbernen Halbmonds" ist ein handlungstechnisch relativ geradliniger Film, der auf großzügig verstreute rote Heringe oder giallotypische Drehbuchkniffe weitestgehend verzichtet.
Antonio Sabàto spielt die Hauptrolle, den Designer Mario, Giulias Ehemann. Ein wahrlich unsympathischer Kerl, dem man sein Lächeln (wenn er es denn mal zeigt) nicht so ganz abnimmt und der in erster Linie herrisch-jähzornig und rechthaberisch auftritt.
Die arme Uschi – äh Giulia hat nicht allzu viel zu sagen und auch nicht besonders viel bei der Suche nach dem schwarzbehandschuhten Mörder beizutragen.
Nicht mal ihr Hochzeitskleid darf sie selbst aussuchen, geschweige denn sich ans Steuer des Autos setzen oder selbst Theorien aufstellen. Ihre Rolle ist eher die des braven Frauchens, das ihrem Gatten ab und zu zur Seite stehen darf.

LiebhaberInnen des italienischen Kinos dürfen sich über Auftritte von Pier Paolo Capponi (Jonny Madoc) als Kommissar, den wie immer zwielichtig wirkenden Bruno Corazzari (besonders schurkisch in Der Mann ohne Gedächtnis), den berühmten Nebendarsteller Nello Pazzafini (auch cool im Netzhemd in La Pistola – The Gun) in einer herrlich schmierigen Rolle und die extravagante Marisa Mell (Gefahr: Diabolik) in einer kleinen Rolle freuen.

Bei der Polizei läuft alles schief


Die italienische Polizei wird wie in anderen Genrefilmen dieser Zeit wieder einmal der Lächerlichkeit preis gegeben und disqualifiziert sich an allen Ecken und Enden selbst.
Die engagierten Beamten nehmen einen Unschuldigen fest, dem sie nach stundenlangem brutalen Verhör ein Geständnis entlocken, worüber sie so froh sind, dass sie weitere Hinweise auf den wahren Killer prompt ignorieren. Kennt man.
Beschattungs-Aktionen werden gnadenlos in den Sand gesetzt und Personenschutz scheint auch nicht die Stärke der römischen Polizia zu sein. Kennt man auch.
Irgendwie muss ja der auf eigene Faust ermittelnde Designer drehbuchmäßig gerechtfertigt werden.
"Wenn die Polizeibeamten solche Versager sind, muss man die Angelegenheit eben selbst in die Hand nehmen." argumentiert der in seinem Designer Job scheinbar unterforderte Mario. Sogar seine Frau Giulia zeigt sich leicht irritiert, in welchem Ton Mario von der Polizei spricht und ringt sich sogar in einer Szene zu so etwas wie einer kleinen Ermahnung durch: "Aber Mario, es ist immerhin die Polizei!"

Ohne besondere Ansprüche an Dialoge oder Story dümpelt "Das Rätsel des silbernen Halbmonds" gemütlich vor sich hin, umschifft dabei aber leicht und wendig die Sphären der gepflegten Langeweile.
Die Aufnahmen von Rom, der malerischen umbrischen Stadt Spoleto (ein paar Drehortfotos gibt es hier zu sehen) und die nicht allzu anspruchsvolle aber simple und einprägsame Düdeldüdelmusik von Riz Ortolani sowie die Freude über so manche bekannte Gesichter aus dem Italokino und die herzig-naive Story reichen für mein persönliches Filmvergnügen vollkommen aus.

"Das Rätsel des silbernen Halbmonds" fällt für mich in die Kategorie "angenehmer, sogar etwas überdurchschnittlicher Giallo". Sollte man definitiv einmal gesehen haben. Aber ohne falsche Erwartungen.

(Anmerkung: Habe den Film in der internationalen und nicht in der gekürzten Edgar-Wallace-Fassung gesehen. In Erstgenannter wird in Punkto Gewalt und Nacktheit etwas mehr ins Detail gegangen.)




Foto: DVD von Shriek Show und Universum




Foto: Koch Mediabook (BD)




Aushangfoto: Der Kommissar findet das erste Mordopfer